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Thüringer Landeszeitung, 7.11.2008, Kultur

Wunderbares Panorama hiesigen Kunstschaffens

Von heute an lockt die 6. artthuer zum Anschauen und Kaufen nach Erfurt

Von Wolfgang Hirsch

Erfurt. (tlz)
Fleißig aufgebaut wurde gestern in der Thüringehalle, zum heutigen Messebeginn sollen alle Stände tiptop gestaltet sein. Nur waren da keine Handwerker zugange, sondern leibhaftige Künstler: Sowas gibt es in Erfurt alle zwei Jahre – zur artthuer, der Thüringer Kunstmesse. In 129 Kojen präsentieren sich 135 heimische Artisten samt einer Auswahl von Arbeiten. Etablierte wie Gerd Mackensen, Volkmar Kühn und Kay Voigtmann sind darunter, aber auch viele, die es zu entdecken gilt. Anschauen, kaufen, mieten kann man die Werke – und mit den Schöpfern plauschen, diskutieren, fachsimpeln.
"Meine Frau malt auch", erzählt etwa Wolf Bertram Becker – und meint nicht seine eigene. Sondern mit diesem Satz beginne oft ein Gespräch mit artthuer-Besuchern. Während der Weimarer noch die Hängung seiner expressiven Ölbilder probiert, berichtet er von Erlebnissen vergangener Jahre: "Ich mache das jetzt zum vierten Mal, und es hat sich immer gelohnt." Vielleicht nicht unbedingt des Verkaufserlöses halber, aber die Diskussionen mit Kunstliebhabern und das Wiedersehen mit Kollegen sei inspirierend. Nur am Sonntag kann es Gedränge geben, zum letzten Messetag kommen erfahrungsgemäß die meisten der insgesamt 6000 Besucher.
Bis nach Sachsen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Hessen hat der Verband Bildender Künstler Thüringen e.V. (VBK) als AUsrichter für die artthuer geworben. "Zum Beispiel haben wir 82.000 Postkarten in Szenekneipen verteilt", berichtet Projektmanagerin Elvira Franz. Ohne die 57.000 Euro an Förderung seitens des Wirtschaftsministeriums wäre dem VBK dieses Marketing niemals möglich gewesen. Denn die meisten Künstler könnten Messewerbung und Standmiete selbst gar nicht leisten.
Einige Galeristen mögen solche Praxis beargwöhnen, weil sie meinen, derlei Kunst-Direktverkauf verderbe die Preise. Andere wiederum nutzen die Kontaktbörse, um neue, interessante Künstler zu entdecken. Zum Abschluss wird ein von der Sparkassenversicherung mit 5000 Euro dotierte Kunstpreis verliehen.
Wer nur als Kunstfreund kommt, trägt sich mitunter mit der Absicht, ein Gemälde oder eine Kleinplastik zu erwerben. Die Preise rangieren zumeist im zwei- bis vierstelligen Bereich: angesichts des famosen Niveaus der gezeigten Arbeiten wartet so manches "Schnäppchen". Eine Alternative ist Art-Leasing – für die Arztpraxis wie fürs eigene Wohnzimmer kann man Kunst leihen. Viele Abschlüsse kommen erst im Nachmessegeschäft zustande.
"Ja", lacht Wolf Bertram Becker, "als Mietkunst habe ich ein Bild bei einem Erfurter Rechtsanwalt hängen. Der kann das sogar von der Steuer absetzen." Besonders faszinieren Beckers Stadtlandschaften und Architekturbilder: Die Linienführung nahezu abstrahiert, bleiben die Motive gleichwohl erkennbar. Etwa die Torgauer Brücke oder der Blick auf Manhattan vor nine-eleven: "Vom Dach des World Trade Centers aus gesehen. Das hat mich sehr bewegt."
Wie Becker klassisch mit Öl auf Leinwand malt, so beschränken sich seine meisten Kollegen auf traditionelle Techniken. Malerei und Graphik sind am stärksten vertreten neben Skulpturen und Fotografie. Ein fünftel der Aussteller präsentiert angewandte Kunst und Design – darunter auch Schmuck – während Konzept- oder Medienkunst die Ausnahmen bilden.
Marion Walther aus Mühlhausen zeigt Mischtechnik-Graphiken mit Zeichenfeder und Tusche auf Acryl. Ein Zyklus zu den "Sonnengesängen" des Franz von Assisi korrespondiert mit Keramikobjekten. "Auch wenn es anstrengend ist, drei Tage fast ununterbrochen zu reden, finde ich die artthuer immer gut", erklärt sie. Sonst verkauft sie ihre Werke nur über Galeristen. Während Uwe Steinbrück aus Erfurt mit seinen subtilen Fotoarbeiten nicht unbedingt nach Käufern Ausschau hält: "Ich bin dabei, weil's Spaß macht." Dennoch hat er voriges Mal zwei große Bilder an den Mann gebracht. Seine "Finegraphien", bei denen in analogen Handabzügen der Entwickler vollständig aufgebraucht wird, lassen nach aufwendigen Arbeitsprozessen das konkrete Motiv zumindest noch ahnen. Und ein tanzender Akt, derart verfremdet, findet sicherlich Liebhaber.

artthuer ist eine Veranstaltung des Verband Bildender Künstler Thüringen

unter der Schirmherrschaft von Jürgen Reinholz,
Thüringer Minister für Wirtschaft, Technologie und Arbeit

gefördert von Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit, Thüringer Kultusministerium, Stadt Erfurt, SV SparkassenVersicherung, Erfurter Tourismusgesellschaft mbH, Thüringer Zeitungsgruppe und X-FAB

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